Eins - zwei - viele?

Der Wellensittich ist ein Schwarmvogel. Allein zu sein bedeutet für ihn Streß. Einsame Vögel kümmern vor sich hin, können neurotisch werden und tragen seelische und nicht selten körperliche Schäden davon. Auch ein ständig anwesender Mensch kann einen Artgenossen niemals ersetzen. Wer den Vogel für sich allein haben will, handelt egoistisch und tut seinem Liebling nichts gutes. Weshalb das so ist und welche Schäden falsches Spielzeug bei Einzelvögeln anrichten kann, wird weiter unten genauer erklärt.

 

9 Einwände, die nicht gelten:

Die Zähmung darf auch getrennt geschehen
Die Zähmung darf auch getrennt geschehen

"Wenn ich meinem Vogel einen Partner kaufe, verwildert er doch!"

 Kümmert man sich weiterhin liebevoll und ausreichend (!) um seinen zahmen Vogel, so wird er sich nicht wegen eines Artgenossens vom Menschen abwenden. Die Methode, zuerst einen Vogel zu zähmen und dann einen zweiten hinzuzunehmen, ist erlaubt. Es erleichtert die Zähmung des zweiten Vogels enorm. Es gibt sogar Berichte, wonach später hinzugekommene Wellensittiche sogar vom ersten Sittich sprechen lernten.

 

Rechts im Bild: Rocker, ein ehemaliger Einzelvogel, der später in einem Schwarm lebte - und zahm blieb. (Photo: © Birds Online)

Handzahme Bourkesittiche
Handzahme Bourkesittiche

"Wenn ich mehrere Vögel halte, werden sie ja nicht zahm!"  

Hier gilt dasselbe wie oben: Auch mehrere Vögel kann man zähmen, nur braucht man dazu sehr viel Geduld.
Kann man nicht die Zeit und Geduld aufbringen, zwei Vögel zu zähmen, dann wird man auch einem einzelnen niemals genug Aufmerksamkeit entgegenbringen. Der Unterschied beim einzeln gehaltenen Vogel ist, daß er eben zahm werden muss, um zu seinem Recht, nämlich Gesellschaft, zu kommen. Wie nebenstehendes Photo handzahmer Bourkesittiche beweist, werden auch mehrere Vögel zahm.
(Photo: © K. Grafenberger)

Bourkesittisches Geplänkel
Bourkesittisches Geplänkel

"Ich höre aber immer, daß mehrere Vögel nicht sprechen lernen!"

Es geschieht genauso oft, daß auch ein Einzelvogel niemals spricht - oft ist die Enttäuschung dann sehr groß. Ein zutraulicher und ein sprechender Vogel sind natürlich zwei Paar Schuhe. Aber sind wir uns ehrlich: ist wellensittisch, bourkesittisch oder schmucksittisch denn nicht wunderschön und gerade das, was den Vogel ausmacht?
Der einzeln gehaltene, sprechende (Wellen)sittich versucht ja nur sein Los zu verbessern, indem er mit dem Menschen auch akustisch kommuniziert. Wir Menschen mögen das Geplappere ja niedlich finden, aber wer von uns würde gern sein Leben lang nur "piep" sagen wollen?

Rupfender Wellensittich
Rupfender Wellensittich

"Ich hab schon mehrere Einzelvögel gehabt, und die sind uralt geworden!"

Das ist so, weil der Sittich durch seine Anpassungsfähigkeit und Robustheit sehr viel in Kauf nehmen kann. Alt werden und glücklichsein ist jedoch nicth dasselbe. Vielleicht ist ein einzeln gehaltener, fehlgeprägter Wellensittich noch nicht mal bewußt unglücklich, da er ja kein anderes Leben kennt - aber fehlen tut ihm doch etwas: Sein Recht auf Artgenossen.
Nicht selten sind einzeln gehaltene  Sittiche auf Dauer so frustriert, daß sie seelische Schäden davontragen, neurotisch oder aggressiv werden, oder ihre Aggressionen gegen sich selbst richten und beginnen zu rupfen.

Bourkesittiche unter sich
Bourkesittiche unter sich

"Der ist jetzt schon so alt, außerdem fürchtet er sich vor Artgenossen!"

Resozialisierung funktioniert bei Sittichen normalerweise immer, man muß ihnen nur genügend Zeit geben. Insbesondere Wellensittiche fürchten sich grundsätzlich mal vor allem, was sie nicht kennen, das kann ebenso eine harmlose Karotte oder ein unschuldiger neuer Zweig sein. Man muß ihnen nur die Chance geben, das Neue kennen zu lernen.
Einmal in einen Schwarm eingegliedert, sucht der vormals einzeln gehaltene Sittich niemals mehr die Einsamkeit!

Auch Begattung gehört zur artgerechten Haltung
Auch Begattung gehört zur artgerechten Haltung

"Aber mit mir ist mein Wellensittich doch restlos glücklich!"

Wenn man es als Glück bezeichnen mag, daß er den Menschen zu füttern versucht und ihn begattet - jedoch niemals eine wellensittische Reaktion darauf bekommt - so ist der Wellensittich in unseren Augen glücklich.
Rechts im Bild ein Männchen beim Annäherungsversuch an sein Weibchen. Wer dies einmal miterlebt hat, kommt wohl kaum noch auf die Idee, das Rubbeln seines Sittichs in der eigenen Frisur sei niedlich...
(Photo: ©
Birds Online

 

Sandkiste mit Futter für alle
Sandkiste mit Futter für alle

"Aber zwei Vögel machen doppelt so viel Mist wie einer!"

Das ist natürlich grundsätzlich richtig. Wenn die Vögel den selben Käfig benutzen, macht das jecoch vom Reinigungsaufwand her kaum einen Unterschied. Außerdem ist eine große Futterschüssel ohnedies empfehlenswerter als mehrere kleine, und das bißchen mehr Arbeit sollte man für seinen Liebling - pardon, für seine Lieblinge - auf sich nehmen ;-)
Auch für mehr als zwei Vögel kann man genügend große Futterplätze einrichten. Eine mit Futter bestreute Sandkiste ermöglicht streßfreies Futtern für einen ganzen Schwarm.
(Photo: © Ernst Haselsteiner)

Balzfüttern muß erwidert werden!
Balzfüttern muß erwidert werden!

"Er hat ja seinen Plastikkumpel und einen Spiegel - beides liebt er heiß!"

Beides gilt übrigens als tierwidriges Zubehör. Der (Wellen)sittich liebt diese Abbilder des Artgenossen deshalb so sehr, weil er einen richtigen Artgenossen vermißt. Tierwidrig ist dieses "Spielzeug" deshalb, weil es den Wellensittich zu Balzverhalten animiert, welches nie erwidert wird. Nicht nur, daß der Vogel permanent frustriert ist, weil sein Werben unerwidert bleibt, auch bleibende Kropferkrankungen können auftreten, da das Balzfüttern zu keinem Erfolg führt und der Wellensittich die Körnchen unermüdlich hervorwürgt und selber wieder aufnimmt.

Auch zwei Männchen verstehen sich
Auch zwei Männchen verstehen sich

"Aber wenn ich ein Pärchen habe, vermehren sie sich doch - das will ich nicht!"

Gerade Sittiche als Höhlenbrüter kann man sehr einfach am Brüten hindern. Ohne Nistkasten werden sie nicht zur Brut schreiten. Hin und wieder gibt es allerdings Weibchen, die trotzdem Eier legen - das kann einem bei einem einzelnen Weibchen allerdings auch passieren. In den Sand gelegte Eier werden in der Regel nicht bebrütet, und falls doch, kann man die Eier anstechen und so sterilisieren. Wer ganz sicher gehen will, hält zwei Männchen - auch die vertragen sich prächtig!


Weitere Links zum Thema

Gegen Einzelhaltung (Birds-online.de)

Paarhaltung.info (Vogelnetzwerk.de)

Wenn Einsamkeit krank macht (Bundesverband Praktischer Tierärzte e.V.)

Gegen Einzelhaltung (welli.net)