Schnabelräude

Schnabelräude (Henry)
Schnabelräude (Henry)

Obwohl Schnabelräude eigentlich relativ häufig vorkommt, trat sie bei mir nach 27 Jahren Sittichhaltung zum ersten mal auf. Das ist war einerseits super, andererseits liegt die Tücke in Dingen, die man noch nicht selbst erlebt hat, darin, dass man sie übersieht.

 

Und so ist es mir leider bei Henry passiert, der Anfang Januar 2014 zu mir kam und die Milben bereits mitbrachte. Auch in den nächsten Monaten habe ich - Asche auf mein Haupt - nicht genau genug hingesehen, so dass ich erst Mitte April aufmerksam wurde, als die Grabmilben schon ganze Arbeit geleistet hatten.

 

Eigentlich dürfte das nicht passieren - aber nun war es eben so, und als nächstes stand also die Behandlung an.


Zur Krankheit

 

Schnabelräude wird durch die sogenannte Grabmilbe Sarcoptes scabiei verursacht. Sie gehen bevorzugt auf Nase, Schnabel und Augen, aber auch Richtung Beine und Kloake. Es gilt immer, dass sowohl Schnabel als auch Augen und Beine und Kloake betroffen sein können - also empfielt es sich, bei einem entdeckten Befall immer alles zu kontrollieren.

Nahaufnahme Schnabel
Nahaufnahme Schnabel

Grabmilben leben in der obersten Haut- bzw Hornschicht, wo sie kleine Gänge graben, in denen sie leben und sich vermehren. Dabei bilden sich schorfartige Hornablagerungen. Bei Nichtbehandlung kann sich der Schnabel komplett deformieren, beim Befall der Beine kann der Belag so dick werden, dass Ringe einwachsen und Füßchen absterben.

 

Wie man hier auf dem Foto sieht, ist es unterhalb des Belages zum Teil auch blutig, da sowohl Nase als auch Horn durchblutet sind.

Übertragen werden die Grabmilben in der Regel nur von den Eltertieren auf den Nachwuchs. Das bedeutet zum einen, dass man bei sich zuhause eigentlich nicht viel vorsorgen kann, da neue Vögel die Milben eben einfach mitbringen, zum anderen ist aber relativ unwahrscheinlich, dass sich Vögel aus dem eigenen Bestand anstecken.

 

Mein Vogel war drei Monate mit Befall in meinem Bestand, und keiner der anderen hatte sich in dieser Zeit angesteckt, obwohl Henry regen Kontakt mit allen hatte. Dadurch, dass die Tiere alle nicht zahm sind, habe ich nicht so einen innigen und nahen Kontakt mit ihnen. Üblicherweise fotografiere ich die Tiere regelmäßig mit Teleobjektiv durch, da ich auf den Fotos oft Dinge sehe, die mir in echt einfach entgehen.

Durch ziemlich viel anderes Programm habe ich von Anfang Februar bis Mitte April keine solchen Bilder mehr gemacht - und schon habe ich etwas übersehen. Das soll mir in Zukunft jedoch nicht mehr passieren!


Der Werdegang


Behandlung

 

Die Behandlung der Räudemilben ist zum Glück möglich und auch erfolgreich. Erstes Mittel der Wahl ist das Bestreichen der befallenen Stellen mit Öl, bevorzugterweise Paraffinöl, es geht aber auch mit Pflanzenöl.

Als Erste-Hilfe Maßnahme kann man also einen befallenen Vogel auf alle Fälle mit Oliven- oder Sonnenblumenöl betupfen, der Vogel sollte halt nur nicht Unmengen davon in den Schnabel bekommen und schlucken (Flitzkacke...).

Der Vorteil der Ölbehandlung ist die Ungiftigkeit: Die Milben werden durch das Öl lediglich erstickt.

Der Nachteil ist die recht lange Behandlungszeit (man spricht von zwei bis vier Wochen) und die tägliche Behandlung.

 

Es gibt auch die Möglichkeit mittels Spot On, also einer für die Milben giftigen Substanz, die in den Nacken getropft wird, sich dann über den ganzen Körper ausbreitet. Hier wird zB. Ivomec (Wirkstoff Ivermectin) empfohlen oder Frontline (Wirkstoff  Fipronil), letzteres ua. auch gerne für Reptilien.

 

Ivermectin wird vom Körper aufgenommen und anschließend über Leber- und Fettzellen freigesetzt. Es bewirkt eine Spannungsstörung in der Zelle der Parasiten, die dadurch gelähmt werden und absterben.

 

Fipronil dagegen wird nicht vom Körper absorbiert, sondern verteilt sich durch eine Kirechwirkung über die gesamte Körperoberfläche des Wirtes, genauer gesagt in der Haut und auch in den Haarwurzeln, wo es als Kontaktgift gegen die Parasiten wirkt.

 

Beide Spot Ons haben den Vorteil, dass sie nicht täglich angewendet werden müssen. Die Angaben hierzu sind etwas unterschiedlich, die einen sprechen von zweimal im Abstand einer Woche, die anderen von dreimal im Abstand von drei Tagen, aber auf alle Fälle erspart man sich und dem Vogel das tägliche Einfangen über Wochen hinweg.

 

Nachteile: Zum einen handelt es sich schlicht und ergreifend hierbei um Gift, zum anderen habe ich recht unterschiedliche Angaben zur Dosierung gefunden, insbesondere bezüglich Frontline. Die einen betupfen damit unverdünnt den Schnabel, die anderen behaupten, ein Tropfen ins Genick sei für einen kleinen Vogel schon zuviel.


Hilfe für Henry

 

Nach der Initialzündung mit Olivenöl habe ich das Frontline hergenommen, das ich für meine Katzen zuhause habe, und versucht, die Dosis auszurechnen, da mir ein Tropfen pro Vogel auch zu gefährlich war.

Die Milchmädchenrechnung sieht folgendermaßen aus:

 

0,5ml sind für eine Katze vorgesehen, sagen wir der Einfachheit halber, die wiegt 5kg.

Das bedeutet:

 

 

0,1ml .... 1kg = 1000g

0,01ml ............... 100g

0,005ml .............   50g (circa ein Welli)

 

Weiters habe ich abgezählt, wieviel (kleine) Tropfen ich mit einer feinen Pipette aus 0,5ml bekomme. Das waren ziemlich genau 20 Tropfen:

 

20 Tropfen  ...... 0,5ml

2 Tropfen   ....... 0,05ml

0,2 Tropfen   .... 0,005ml (=Dosis für einen Vogel)

 

Um auf einen Tropfen zu kommen, muß ich die Lösung also 5fach verdünnen:

 

0,2 Tropfen + 5 = 1 Tropfen

 

Mit diesem Tropfen kann man sowohl den Schnabel betupfen als auch den Rest davon ins Genick streichen. Dies habe ich allerdings nur beim ersten mal gemacht. Doch da das Mittel im Wasser ausgeflockt ist, bin ich mir nicht mehr sicher, ob es so noch optimal wirkt bzw ob dadurch die "Kriechwirkung" verlorengegangen ist. Daher verwende ich für die weitere Behandlung Fipronil unverdünnt. Im Grunde ist das, was man über ein Wattestäbchen auf den Schnabel und ins Genick tupfen kann, an sich nur ein Bruchteil eines Tröpfchens - und 1/5 Tropfen ist die berechnete Dosis. Weder bei der verdünnten noch bei der unverdünnten Anwendung zeigte Henry irgendwelche unerwünschten Nebenwirkungen.

 

Übrigens verwende ich Frontline Combo, das außer Fipronil auch Methopren enthält. Methopren ist ein künstliches Hormon, das dem Juvenilhormon von Insekten nachempfunden ist und die Entwicklung von Eiern und Larven dauerhaft hemmt, sodass eigentlich eine Nachbehandlung des nächsten Entwicklungsstadiums entfallen müßte. Auch Methopren verteilt sich nur äußerlich im "Fell" und wird nicht vom Körper absorbiert.

Die Behandlungsschritte fanden folgendermaßen statt:

 

12. April - Fipronil (verdünnt)

3 Tage Pause

16. April - Fipronil (unverdünnt)

3 Tage Pause

20. April - Fipronil (unverdünnt)

ab ins Vogelzimmer - zwei Wochen Pause

03. Mai - 1. Nachbehandlung mit Fipronil (unverdünnt)

zwei Wochen Pause

18. Mai - 2. Nachbehandlung mit Fipronil (unverdünnt)

 

Das Ergebnis spricht für sich: